Open Banking: «Höchste Zeit für mehr Konkurrenz»
In der Schweiz gibt es viele Open-Banking-Initiativen, aber nur wenige Banken sind aktiv. Darunter die Hypothekarbank Lenzburg. Direktionsmitglied André Renfer erklärt im HBL-Podcast, wieso es mehr Konkurrenz braucht.
14. August 2020
Vor ziemlich genau drei Jahren hat die Hypothekarbank Lenzburg ihr Kernbankensystem Finstar mit offenen Schnittstellen erweitert. Das war der Startschuss für die sogenannte Open-Banking-Kultur bei der Aargauer Regionalbank. Sie hat die ganze Bank verändert. «Die technischen Fragen werden immer wichtiger», sagt André Renfer, Leiter des Bereichs Services und Geschäftsleitungsmitglied der Hypothekarbank Lenzburg, im HBL-Podcast.
Die Hypothekarbank Lenzburg sei heute zwei Firmen in einer: «Wir haben eine IT-Firma und eine Bank unter einem Dach». Die «IT-Firma» entwickelt Finstar, das Kernbankensystem, das die «Hypi» seit dem Jahr 2000 in Eigenregie entwickelt und vermarktet. Verschiedene Banken und banknahe Unternehmen nutzen heute die einzelnen Servicemodule von Finstar «as a Service». Das heisst: Das System selber läuft und wird unterhalten im Rechenzentrum der Hypothekarbank Lenzburg. Die Banken und Unternehmen, die Finstar verwenden, können sich voll auf die Nutzung der von Ihnen gewählten Services konzentrieren.
Mit der Einführung der Open-Banking-Kultur hätten sich auch die Anforderungen an die Bankmitarbeitenden geändert. «Die Zusammenhänge und die Komplexität des Geschäfts habe damit enorm zugenommen», sagt Renfer. Wer Open Banking betreibe, müsse nicht nur auf technische, sondern auch auf vertragliche, bankfachliche und regulatorische Themen Antworten finden.
Keine Regulation notwendig
Dass in der Schweiz Open Banking mit einem marktgetriebenen Ansatz umgesetzt werden soll, findet der gelernte Betriebsökonom richtig. «Wenn man Open Banking regulieren würde, würden die Möglichkeiten eher blockiert als eröffnet», so Renfer im HBL-Podcast. Technisch könne Open Banking gar nicht reguliert werden, weil die Entwicklung viel zu rasch voranschreite. «Die Technik geht so schnell vorwärts mit neuen Konzepten und neuen Ideen, dass der Regulator immer zu spät ist und zum Hemmschuh wird», so Renfer.
Damit unterstützt Renfer die Position der Schweizerischen Bankiervereinigung Swiss Banking, die sich in der kürzlich veröffentlichten «Auslegeordnung für den Schweizer Finanzplatz» auch klar für die marktgetriebene Umsetzung von Open Banking aussprach (siehe dazu auch die themenbezogene Blogparade von Swiss Banking). Dies im Unterschied zur Europäischen Union, die Banken vorschreibt, Daten an Drittanbieter von Finanzdienstleistungen auf Basis von Apps oder Webapplikationen weiterzugeben, wenn das die Kundinnen oder Kunden wünschen.
Eine mehrschichtige Strategie
Hinsichtlich der Geschäftsstrategie eröffnet Open Banking verschiedene Möglichkeiten. So nehme auch die Hypothekarbank Lenzburg verschiedene Rollen im Open-Banking-Geschäft ein. «Wir können Produktlieferant sein, so verkaufen wir mehr Produkte. Wir können mehr Kunden akquirieren, indem wir sie in unser Ökosystem integrieren. Wir können aber auch Dienstleistungen integrieren von Drittanbietern, wie wir das zum Beispiel mit Transferwise gemacht haben», so Renfer im HBL-Podcast. Nicht zuletzt helfe Open Banking der Hypothekarbank Lenzburg auch die Bankenplattform Finstar weiterzuentwickeln und dafür zu sorgen, dass das Softwareangebot «abgerundet und vollständig» daherkomme.
Renfer glaubt, dass der Alleingang als erste Open-Banking-Bank der Schweiz der Hypothekarbank Lenzburg einen Wettbewerbsvorteil eingebracht hat. «Im Open Banking geht es auch um Geschwindigkeit und Flexibilität und dank unserer Grösse sind wir sicher vorne mit dabei», so Renfer. Dennoch freut sich Renfer darauf, wenn Open Banking auch bei anderen Banken Realität wird. Ein aktiver, lernender Markt schaffe neue Möglichkeiten, sei für den Kunden interessanter. «Wir haben keine Angst vor neuen Konkurrenten, im Gegenteil: Es wäre höchste Zeit, dass wir endlich Konkurrenz kriegen», so Renfer.
Im HBL-Podcast «Open Banking» erfahren Sie zudem, welche Vorteile Open Banking den Kundinnen und Kunden bringt, welche Open-Banking-Projekte die Renfer aktuell beschäftigen und was es braucht, damit Open Banking in der Schweiz sein volles Potenzial entfalten kann.
André Renfer ist Leiter des Bereichs Services, der bei der Hypothekarbank Lenzburg für die Vermarktung der Open-Banking-Plattform Finstar (www.finstar.ch) verantwortlich ist. Renfer ist Betriebsökonom FH und Absolvent des Nachdiplomstudiums Bankmanagement am Institut für Finanzdienstleistungen in Zug. Er arbeitet seit mehr als 25 Jahren in der Finanzbranche, seit 2012 bei der Hypothekarbank Lenzburg und seit 2019 als Mitglied der Geschäftsleitung. In seiner Funktion als Co-Leiter des Innovation-Lab beschäftig er sich zudem intensiv mit neuen Trends, Technologien und Produkten im Finanzbereich.
Artikel teilen
Die Blogparade von SwissBanking
Die Schweizerische Bankiervereinigung Swiss Banking hat zum Thema Open Banking eine Blogparade lanciert, in der sich Experten bis Ende September 2020 äussern können. Die Beiträge finden Sie auf der Website von Swiss Banking.
OpenBankingProject.ch
Das OpenBankingProject.ch wurde 2019 von verschiedenen Playern der Finanzbranche gegründet mit dem Ziel, die Open-Banking-Kultur in der Schweiz zu fördern. Die Hypothekarbank Lenzburg gehört zu den Gründungsmitglieder.
Swiss Fintech Innovations (SFTI)
Die SFTI wurde 2016 von Banken und Versicherungen gegründet mit dem Ziel, die Schweiz zu einem führenden Markt für Fintech zu machen. Die Hypothekarbank Lenzburg gehört zu den Gründungsmitgliedern.