«Eine Banklizenz für die ganze Schweiz»
Die Partnerschaft mit Neon ist das Vorzeigeprojekt im Dienstleistungsgeschäft der Hypothekarbank Lenzburg. Auch Roland Brack, Online-Pionier und Neon-Investor der ersten Stunde, nutzt die Karte täglich.
24. Februar 2023
In den Gängen des Hauptsitzes der Hypothekarbank Lenzburg geistert ein Begriff herum, den selbst Bankmitarbeitende nicht immer auf Anhieb verstehen: Banking as a Service. Was damit gemeint ist, zeigt sich 33 Kilometer östlich von Lenzburg, an der Badenerstrasse 557 in Zürich. Hier befinden sich die Büros des Konto-App-Anbieters Neon Switzerland, dem Vorzeigeprojekt im Dienstleistungsgeschäft – oder eben im Banking-as-a-Service-Bereich der «Hypi» Lenzburg.
Im Ausbaustandard mit Spannteppichen und Neon-Lichtröhren an den Decken versprüht der Neon-Geschäftssitz zwar den verblassten Charme einer Künstlerkommune der 1970er-Jahre. Und tatsächlich befand sich vorher ein Plattenlabel an der gleichen Adresse. Und kein Zweifel: Die Mietpreise für so ein Lokal müssen zu einem Start-up-Unternehmen, wie die Neon Switzerland AG eines ist, passen.
Aber die Location im Vintage-Look steht eben auch in krassem Kontrast zum Erfolg, mit welchem Neon in den vergangenen Jahren die Schweizer Finanzbranche wachgerüttelt hat. In vier Jahren ein Kundenwachstum von mehr als 1000 Prozent. Die Transaktionen mit der Neon-Karte haben in der gleichen Zeit um rund 4000 Prozent zugelegt, die Kundeneinlagen sind um rund 2500 Prozent gestiegen. Neben der kultigen pinkfarbenen Neon-Basiskarte gibt es mittlerweile eine Karte aus Holz für nachhaltig orientierte Menschen und eine Karte aus schwarzem Metall für Menschen, die gerne etwas Substanz mit sich rumtragen.
«Viele Fans sind entscheidend»
Im Video sagt Roland Brack, wo er Neon in zehn Jahren sieht, und Marianne Wildi, wieso sie nicht mehr verblüfft ist, wenn sie auch ältere Menschen auf Neon ansprechen.
Erweitertes Geschäftsmodell
Die Medien sind des Lobes voll über die sogenannte Neo-Bank, die die Bezeichnung des Unternehmenstyps – eben Neo-Bank oder eine neue Bank – kurzerhand zum eigenen Namen machte: Neon.
So hat das renommierte US-Wirtschaftsmagazin «Forbes» Neon zur besten «Bank» 2022 der Schweiz gekürt, und der «Tagesanzeiger» sagt, Neon sei die Top «Bank» im Bereich digitales Angebot. Und dabei ist Neon nicht mal eine Bank. Denn in der Schweiz darf sich eine «Bank» nur nennen, wer eine Banklizenz besitzt.
Im Fall von Neon besitzt die Lizenz die Hypothekarbank Lenzburg. Die Bank hat die Lizenz sogar zu einem erweiterten Geschäftsmodell gemacht. «Unser Einzugsgebiet liegt traditionell im Herzen des Kantons Aargau, aber wir haben eine Lizenz für die ganze Schweiz. So haben wir entschieden, ausserhalb unseres Stammgebietes in Form von Kooperationen mit Fintech-Unternehmen zu wachsen», sagt Marianne Wildi, CEO der Hypothekarbank Lenzburg.
Angefangen hat die Hypothekarbank Lenzburg damit 2018. Heute hat die Bank neben Neon andere bekannte Fintech-Unternehmen wie das Aarauer Start-Up Findependent, das HSG-Spin-off Kaspar& oder Yokoy, das Fintech für Ausgabenmanagement mit globalen Ambitionen, das vom Wirtschaftsmagazin «Bilanz» als nächstes Einhorn der Branche gehandelt wird.
«Heute ist es sogar so, dass viele Menschen die Hypothekarbank Lenzburg wegen Neon kennenlernen.»
Marianne Wildi, Vorsitzende der Geschäftsleitung der Hypothekarbank Lenzburg
Ergänzung zum traditionellen Geschäft
Sie alle nutzen die Banklizenz der Hypothekarbank Lenzburg und mit ihr verbundene Dienstleistungen des klassischen Bankgeschäfts: die Führung eines Kontos oder Wertschriftendepots, die Nutzung von Karten und die Abwicklung damit getätigter Geldtransaktionen und bald auch die Abwicklung von Börsendeals, wie sie Neon in Zusammenarbeit mit der Hypothekarbank Lenzburg schon bald anbieten will.
Dass dieses «Banking as a Service» auf Seiten der Fintech-Kunden Anklang findet, macht sich auch in den Geschäftszahlen bemerkbar, etwa beim Zufluss von Kundengeldern: Die Verpflichtungen aus Kundeneinlagen haben bei der Hypothekarbank Lenzburg 2022 um mehr als 300 Millionen Franken zugenommen. Seit 2018 sind sie sogar um 1,3 Milliarden Franken gestiegen. Ein nicht unbedeutender Teil geht aufs Konto von Neon.
«Heute ist es sogar so, dass viele Menschen die Hypothekarbank Lenzburg wegen Neon kennenlernen», sagt Wildi. Dass wegen der Fintech-Kooperationen sich das Geschäftsmodell der Bank grundsätzlich verändert hat, glaubt die Bankchefin nicht. Das Servicegeschäft sei immer eine Ergänzung zum traditionellen Geschäft. Auch im Servicegeschäft würden klassische Bankprodukte verkauft und dafür Risiken übernommen. «So werden wir zu den zusätzlichen Erträgen aus dem Servicegeschäft immer auch zusätzliche Erträge aus dem Zinsdifferenzgeschäft haben», sagt Wildi.
«Es ist ein zentraler Erfolgsfaktor, wenn man sich öffnet und Partner anbindet.»
Roland Brack, Inhaber der Competec Holding und Neon-Investor
Zahlen auf der Pazifikinsel
Für die Zukunft sei es entscheidend, dass man näher zum Kunden rankomme mit den Bankservices. «Wir müssen unsere Produkte auf die Plattformen bringen, wo der Kunde oder die Kundin etwas kaufen und dafür bezahlen», sagt Wildi. Davon überzeugt ist auch Roland Brack, Gründer von Brack.ch und Neon-Investor der ersten Stunde. «Es ist ein zentraler Erfolgsfaktor, wenn man sich öffnet und Partner anbindet», sagt Brack (Video siehe oben).
Er selbst ist Kunde von Neon und nutzt die Karte jeden Tag, wie er verrät, selbst in seinen Ferien auf einer Pazifikinsel habe er damit bezahlt. In der Sendung «Die Höhle der Löwen Schweiz» hat er 200 000 Franken in Neon investiert. Das Wichtigste aus Bracks Sicht ist, dass man sich um die Kunden und Kundinnen kümmert und sie ins Zentrum setzt. Wenn dies gelinge, würden aus Kundinnen und Kunden Fans und der Erfolg komme fast von alleine, so der erfolgreiche Aargauer E-Commerce-Pionier.
Neon selbst schreibt heute zwar immer noch rote Zahlen, hat sich aber zum Ziel gesetzt, im Jahr 2025 eine schwarze Null zu erreichen. Ein Umzug in eine modernere Büro-Location könnte dann wohl auch drin liegen.
(Dieser Text wurde im Geschäftsbericht 2022 der Hypothekarbank Lenzburg erstmals publiziert.)